Auf Einladung des kfz-betrieb-Redakteurs Martin Achter machte ich mich auf den Weg nach Würzburg zu den ersten Digital Automotive Days. Leider konnte ich die Verleihung des Internet Sales Awards am Vorabend der Veranstaltung nicht miterleben. Mehr zu der Verleihung im Bericht des kfz-betriebs.
Der Mittwoch war vollgepakt mit Vorträgen im Hauptraum des Convention Center und sogenannten Kompetenzinseln, bei denen im Workshop-Format für eine Stunde lang unterschiedliche Themen beleuchtet wurden. Dazu später mehr.
Die Veranstaltung wurde von verschiedenen Ausstellern unterstützt und gesponsort. Rund 30 Aussteller habe ich mit ihren Ständen in der Nebenhalle gezählt. Schon beeindruckend, wie viele Firmen und Dienstleister sich mit der Digitalisierung im Autohandel beschäftigen. Und ein tolle Gelegenheit, neue Firmen im digitalen Automotive-Umfeld kennenzulernen, neue Menschen beim Netzwerken zu treffen, aber auch um altbekannte Gesichter aus der Branche (wieder)zutreffen.
Die Vorträge und Keynotes
Wolfgang Michel, der Chefredakteuer des kfz-betrieb, eröffnete den Tag mit einer kurzen Begrüßung. Den ersten Redebeitrag hatte Florian Nöll, Vorsitzender des Vorstands Bundesverband Deutsche Startups e.V. Er ging darauf ein, was digitale Transformation allgemein und im speziellen für die Automobil-Branche bedeutet. Seine Hauptthese:
„DAX-Vorstände sind der Club der Digitalisierungsverlierer”
Spannend ging es weiter mit dem Vortrag von Dennis Morgenstern, verantwortlich bei Google Deutschland für das Automobilgeschäft. Seine Kernaussage, die alle Branchen und eben auch die Autobranche beeinflusst:
“Die Nutzer sind heute neugierig, ungeduldig und anspruchsvoll.”
Er führte ein Gespräch vor, das ein Sprachassistent selbständig mit einem Friseur führte, auch ein denkbares Szenario für die Automobilbranche. Aus dem Plenum kam die Bestätigung – für eine Reifenwechselaktion kam bei der Terminvereinbarung ein Sprachassistent zum Einsatz.
Anschließend erlaubte Christian Ritter, Geschäftsführer der Torpedo Gruppe im Raum Kaiserslautern, einen Einblick in die IT-Welt des Mehrmarkenhändlers. Interessant zu sehen, wie viele Programme und Schnittstellen im Rahmen der Digitalisierung des Händlers miteinander kommunizieren müssen. Er ermunterte die Autohändler, bei der Digitalisierung mutiger zu werden und sie für den Erfolg des Unternehmens zu nutzen.
Am Nachmittag gaben zwei OEMs Einblicke in das, was sie im Bereich Digitalisierung planen und welche Projekte bereits jetzt schon umgesetzt werden. Bei den letzten beiden Vorträgen war der Saal im Convention Center wieder gut gefüllt – anscheinend wurden die Beiträge von den Automobilherstellern mit Spannung erwartet.
Den Anfang machte Porsche, Stefan Bröer und Jan Meinel berichteten über die Digitalisierung des Aftersales beim Hersteller. Die Frage sollte beantwortet werden, mit welchen Instrumenten und Systemlösungen Porsche die Kunden bei der “Digital Service Journey” begleitet. Im Fokus von Porsche steht laut Hr. Bröer “Der personalisierte Kunde”. Bei der Unterstützung des Werkstattpersonals in den Vertragswerkstätten setzt man auf Augmented Reality. Hr. Meinel demonstrierte, wie die Kamera eines iPads und spezielle Software ein Bauteil eines Porsche-Fahrzeuges (hier ein Lenkrad) erkennt und dem Mechaniker virtuell den Aufbau des Teils und die Möglichkeiten zur Reparatur aufzeigt.
Zum Abschluss sprach Martin Wallenborn, Leiter Business Development Vertrieb bei Audi Deutschland darüber, wie Audi den Direktvertrieb von Autos in Zukunft gestalten will. Wichtig war ihm, dass der Hersteller den Handel dabei nicht übergehen will, sondern dass man auch beim Direktvertrieb von Automobilen zusammenarbeiten möchte. Dies wird in der Branche derzeit sicher kontrovers gesehen und diskutiert.
Den ersten Test in punkto Direktvertrieb startet Audi aktuell mit dem Direktverkauf von 99 Audit TT-Fahrzeugen. Der gesamte Verkaufsprozess ist im Internet abgebildet. Dies soll laut Wallenborn aber nicht die letzte Verkaufsaktion im Netz bleiben. Weitere sollen folgen, auch im Service. Mittelfristig will Audi alle Geschäftsbereiche digitalisieren. Man testet dabei unterschiedliche Modelle, etwa auch eine Zusammenarbeit mit Sixt.
Spannend bleibt zu beobachten, welche Rolle dabei dem stationären Handel zukommen wird.
Kompetenzinseln / Workshops
Nach einer Pause ging es mit den bereits erwähnten Kompetenzinseln weiter, die als Workshops in kleineren Räume stattfanden. Die Themen:
- Die ideale Website
- Predictive Maintenance
- E-Shop Systeme
- Digitale Kundenportale.
Da ich einen kurzen Diskussionsbeitrag im Workshop zur idealen Website hatte, konnte ich nur diesen Part besuchen und nichts zu den anderen Kompetenzinseln berichten (die Berichterstattung findet sich auf der Website der Digital Automotive Days).
Die ideale Website
Der Workshop wurde von Martin Achter, Redakteur beim kfz-betrieb, moderiert. Zunächst ging es darum, die Unterschiede zwischen den Händler-Seiten über die Baukästen der OEMs und individuell auf den Händler zugeschnittenen Website herauszuarbeiten. Eine eigene Website lässt das Autohaus in erster Linie unabhängiger werden von den Herstellern.
Welche Punkte sind bei einer Händler-Website elementar?
- Zunächst sollte die Seite mittels SEO/SEA gut im Netz auffindbar gemacht werden.
- Die Seite sollte relevante Informationen für den Kunden enthalten, d.h. er soll das finden was er auch sucht – Fahrzeuge und Informationen zum Service.
- Die Website muss lead-orientiert sein und genügend Kontaktmöglichkeiten bieten, damit der Kunde, wenn er gefunden hat, was er gesucht hat, auch mit dem Autohaus kommunizieren kann.
- Eine leichte Bedienbarkeit und ansprechendes Design sind schon fast Selbstverständlichkeiten.
- Die Websites sollten konvertieren, also Besucher der Seite zu Kunden machen.
Für Olaf Dicker von 5w50, der Händlerwebsites individuell aufbaut, müssen auf Autohaus-Seiten immer die Bereiche Verkauf, Ankauf, Werkstatt und HR (Karriere, Personal) zu finden sein. Elemente wie “Über uns” und die Firmenhistorie sollten auch vorhanden sein, werden aber nur selten von den Nutzern angeklickt.
Für Jim Meininghaus von MotorK ist gerade die Unabhängigkeit des Autohaus vom Hertsteller beim Betreiben einer eigenen Seite der entscheidende Punkt.
Gezeigt wurde exemplarisch die Website von Autohaus Lauenburg, über deren Entwicklung der GF des Betriebes, Marco Hegenbart, berichtete. Die Seite bildet das ab, was das Autohaus wirklich zu bieten hat und geht weg von einer relativ überladen wirkenden OEM-Website.
Aus meiner eigenen Sicht kann ein Autohaus, das mit seiner Website diese wesentlichen Anforderungen erfüllt, über einen nächsten Schritt nachdenken: Die Einführung von interaktiven Elementen wie Chat-Möglichkeiten oder die Einführung eines Kundenportals auf der Website. Voraussetzung dabei sind immer geeignete Prozesse und gut geschultes Personal im Hintergrund, damit diese Elemente auch erfolgreich genutzt werden können.
Digital Automotive Days 2020?
Wie man auf der Website der Veranstaltung bereits kurz nach deren Ende sehen konnte, ist eine Wiederholung im nächsten Jahr geplant.
Nachdem ich bei den ersten Digital Automotive Days dabei war, im nächsten Jahr sicher ein Muss – da ich vom zusammengestellten Programm und den vielen Gesprächen mit Ausstellern sehr begeistert war und bin!
Ich bin schon gespannt, wie sich die Branche bis dahin (weiter-)entwickelt hat.
Wird es nicht langsam unheimlich mit der Digitalisierung im Auto? Handys werden verboten, aber immer mehr Digitalisierung kommt rein. Lenkt dies nicht auch vom Verkehr ab? Mir wäre das zu heikel